Vorsorge für den Ernstfall?

 

Bundestag soll im Frühjahr Gesetz über Patientenverfügungen beschließen - Im Prinzip sind alle dafür

Von Dirk Schwarze

Ein Trip ins Wochenende. Die Autofahrt endet jäh in einer Kurve, in der das Auto gegen einen Baum prallt. Der Fahrer ist lebensgefährlich verletzt. Über Wochen liegt er im Koma. Eine Rettung ist nicht möglich. Doch niemand weiß, wie lange das Herz noch arbeitet.

Was soll man medizinisch tun, was unterlassen? Künstliche Ernährung und Beatmung? Muss man ihn so lange wie möglich am Leben erhalten? Oder würde er selbst nur in Frieden sterben wollen? Niemand in der Umgebung weiß es, da der Verunglückte viel zu jung war, um an den Tod zu denken. Nun müssen andere - möglicherweise gegen seinen Willen - die Entscheidung treffen.

Nachdenken oft zu spät

Der Fall verdeutlicht, dass die Frage, wie man als Sterbender behandelt werden möchte, nicht nur die Alten betrifft, die Menschen, die als 80- und 90-Jährige an Lebenskraft verlieren. Die Erfahrung zeigt: Oft wird zu spät daran gedacht, und häufig haben diejenigen, die über Nacht ihr klares Bewusstsein (Entscheidungskraft) verloren haben, vorher nicht mit anderen darüber gesprochen, wie sie in der letzten Lebensphase behandelt werden wollen. Daher plädieren mehr und mehr die christlichen Kirchen, das Bundesjustizministerium, Ärztekammern, diakonische Verbände und humanistische Organisationen dafür, rechtzeitig Patientenverfügungen abzufassen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) möchte durch eine gesetzliche Regelung dem vorher vorgelegten Wunsch von Todkranken Vorrang einräumen. Sie hofft, dass der Bundestag noch im Frühjahr ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. CDU/ CSU und SPD wollen dabei den Fraktionszwang aufheben.

In einer Patientenverfügung kann man festlegen, dass im Fall einer (unumkehrbar) tödlichen Krankheit keine lebensverlängernden Maßnahmen ergriffen werden und schmerzstillende Medikamente auch dann verabreicht werden dürfen, wenn sie die Lebenszeit verkürzen.

Es wird geschätzt, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung eine Patientenverfügung unterschrieben haben. Grundsätzlich haben sich nahezu alle Organisationen und Parteien dafür ausgesprochen, Patientenverfügungen abzufassen. Wenn man die Ratschläge und angebotenen Vordrucke aber liest, merkt man schnell, dass es große Unterschiede bei der Absteckung des Rahmens gibt. Insgesamt sollen 150 verschiedene Formulare im Umlauf sein.

So soll in einigen Vorlagen (wie von der Ärztekammer Schleswig-Holstein) Punkt für Punkt entschieden werden, ob man eine bestimmte Maßnahme (etwa künstliche Ernährung) wünscht oder ablehnt. Die evangelische und katholische Kirche hingegen beschränken sich in ihrer gemeinsamen Vorlage auf die Grundaussage, dass man lebensverlängernde Maßnahmen ablehne und in Würde und Frieden sterben wolle. Der Bundesgerichtshof bestätigte 2003 zwar die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen, verfügte aber, dass der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen durch ein Vormundschaftsgericht verfügt werden müsse.

Testament oder Verfügung?

Dieses Urteil sorgte ebenso für eine gewisse Unsicherheit wie die Tatsache, dass im Bundestag die Meinungen über den Wirkungsgrad von Patientenverfügungen stark auseinandergehen. So will der SPD-Rechtspolitiker Joachim Stänker erreichen, dass Patientenverfügungen für jedes Stadium der Krankheit gelten. Hingegen kann sich Wolfgang Bosbach (CDU) solche Verfügungen nur als Patiententestamente vorstellen.

Quelle: HNA vom 25. Januar 2007

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